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Strafrecht

Das Strafrecht umfasst die Gesamtheit der Rechtsnormen, in denen die Voraussetzungen für eine Straftat und ihre Rechtsfolgen festgelegt sind. Da das Sanktionsrecht des Staates zu den schwersten Eingriffen in die Freiheit und Rechte des Bürgers berechtigt (z.B. Freiheitsstrafen und Sicherungsverwahrung) ist es als Beschuldigter einer Straftat stets angezeigt, sofort nach Kenntniserlangung eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung der eigenen Interessen zu beauftragen.

Ein Strafverteidiger kann seinen Mandanten über den gesamten Strafprozess hinweg betreuen und schon lange tätig werden, bevor es zu einer gerichtlichen Hauptverhandlung kommt.

Das Strafverfahren gliedert sich insgesamt in fünft Stufen. Die ersten drei Stufen bildet das sogenannte Erkenntnisverfahren. Das Erkenntnisverfahren besteht wiederum aus folgenden Phasen:

  • Dem Ermittlungsverfahren
  • Dem Zwischenverfahren
  • Dem Hauptverfahren

Die vierte Stufe ist:

  • Die Rechtsmittelinstanz in Gestalt von Berufung und Revision

Die fünfte Stufe bildet schließlich:

  • Die Vollstreckung des Urteils

Das Ermittlungsverfahren beginnt grundsätzlich mit einem sogenannten Anfangsverdacht gegen einen bekannten oder unbekannten Täter. Ein solcher Anfangsverdacht muss auf den Verstoß eines Strafgesetzes hindeuten. Die Strafverfolgungsbehörden oder die Polizei erhalten regelmäßig durch Anzeigen oder von Amts wegen Kenntnis von einem bestehenden Anfangsverdacht. Anzeigen müssen nicht zwangsläufig bei der Polizei erhoben werden, auch wenn dies wohl den häufigsten Fall darstellt. Neben der Polizei können jedoch auch bei der Staatsanwaltschaft und den Amtsgerichten mündlich oder schriftlich Anzeigen erhoben werden. Denn all diese Behörden sind zur Entgegennahme von Anzeigen verpflichtet.

Die Ermittlungshandlungen werden in der Regel von den Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (also z.B. von Polizeibeamten) ausgeführt. Diese führen im Auftrag der Staatsanwaltschaft Vernehmungen mit Beschuldigten und Zeugen durch, sichern Beweisspuren am Tatort und führen weitere Beweiserhebungen durch, sofern die ermittelnde Staatsanwaltschaft dies für erforderlich hält. Glaubt die Polizei alle notwendigen Ermittlungen abgeschlossen zu haben, nimmt die Staatsanwaltschaft ihre Tätigkeit auf. Besteht aus ihrer Sicht noch Ermittlungsbedarf, kann sie eigene Ermittlungsansätze verfolgen. Sie kann etwa beim Gericht Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen oder Telefonüberwachungen beantragen oder die Polizei anweisen, weiter zu ermitteln.

Am Ende der staatsanwaltlichen Ermittlungen bestehen für die Staatsanwaltschaft mehrere Optionen.
Sie kann:

  • Das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts einstellen
  • Das Verfahren aus Opportunitätserwägungen (z.B. aus Geringfügigkeit) einstellen
  • Einen Strafbefehl erlassen
  • Die öffentliche Klage (Anklage) erheben

Beschließt die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Beschuldigten zu erheben, beginnt das Zwischenverfahren. Das zuständige Gericht entscheidet sodann über die Eröffnung oder Nichteröffnung des Hauptverfahrens. Mit dieser Entscheidung endet das Zwischenverfahren und es beginnt im Falle der Eröffnung des Hauptverfahrens die nächste Stufe des Strafprozesses. Im Hauptverfahren wird die mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Gericht durchgeführt. Sie findet regelmäßig unter Einbeziehung der Öffentlichkeit statt. Aufgrund dessen ist sie besonderen rechtsstaatlichen Grundsätzen unterworfen.

Zu diesen zählen unter anderem:

  • Das Mündlichkeitsprinzip
  • Der Unmittelbarkeitsgrundsatz
  • Der Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung
  • Die Unschuldsvermutung
  • Das fair-trial-Prinzip

Es zählt auch zu den Aufgaben eines Strafverteidiger im Interesse seines Mandanten darauf zu achten, dass gegen diese Gebote nicht verstoßen wird.
Das Hauptverfahren endet in der Regel durch Einstellung des Verfahrens oder durch Urteil (Schuld- oder Freispruch). Gegen das Urteil kann sodann von Seiten der Staatsanwaltschaft oder des Angeklagten Berufung oder Revision eingelegt werden. Geschieht dies nicht, erwächst das Urteil in Rechtskraft und wird vollstreckt. Im Falle der Einlegung von Berufung oder Revision beginnt die vierte Stufe des Strafverfahrens. In der Rechtsmittelinstanz kann entweder mit der Berufung eine weitere Tatsacheninstanz geschaffen werden oder mittels Revision überprüft werden, ob das materielle oder prozessuale Strafrecht richtig angewendet wurde.

Ein erfahrener Strafverteidiger ist zur Überprüfung strafrechtlicher Fehler für den Angeklagten unerlässlich.

Mit dem Abschluss der Revisionsinstanzen beginnt das Vollstreckungsverfahren. Strafvollstreckung bedeutet die zwangsweise Vollstreckung eines strafrechtlichen Urteils durch staatliche Organe. Einer Strafvollstreckung zugänglich sind typischerweise Freiheits- und Geldstrafen. Auch in dieser Phase des Strafverfahrens kann der mandatierte Anwalt noch tätig werden. So gilt es Fragen etwaigen Strafaufschubes, der Verhaftung zum Strafantritt oder die vorzeitige Aussetzung der Restrafe zu Bewährung zu klären. Selbstverständlich ist auch die Frage nach einer möglichen anschließenden Sicherungsverwahrung unter Umständen von Relevanz.

In jeder der aufgezeigten Stufen des Strafverfahrens kann ein Strafverteidiger bereits entscheidend auf das Ergebnis für den Betroffenen einwirken. Deshalb ist die frühstmögliche Mandatierung im Strafrecht von großer Wichtigkeit.
Allerdings kann es auch als Opfer einer Straftat sinnvoll erscheinen, einen Strafverteidiger zu mandatieren. So besteht im deutschen Strafrecht bei bestimmten Delikten (vgl. § 395 StPO - z.B. bei Körperverletzung, Freiheitsberaubung, sexuellem Missbrauch oder Mord) die Möglichkeit sich als Geschädigter oder dessen Rechtsnachfolger an die Anklage der Staatsanwaltschaft mit der sogenannten Nebenklage anzuschließen. Hierdurch erhält der Geschädigte die Rolle eines Nebenklägers. Ihm werden bestimmte Rechte eingeräumt, wie etwa die ständige Anwesenheit in der Hauptverhandlung, das Recht Zeugen und den Angeklagten zu befragen.

Das Nebenklageverfahren verfolgt vielerlei Zwecke. Einerseits dient es dem Geschädigten oder dessen Angehörigen zur psychologischen Bewältigung der Folgen der erlittenen Straftat, andererseits besteht hierdurch die Möglichkeit für das Opfer Schmerzensgeld und Schadenersatzansprüche direkt im Strafverfahren geltend zu machen.